Corumbá - Die Kaimane lauern überall
von Talja
09. September - 11. September 2022
Oi, Brasil. Que prazer conhecê-lo! Die Grenzstadt Corumbá schlägt uns mit angenehm warmen 30° entgegen. So fühlt sich Sommer an!
Die Pousada (Pension), die uns für die nächsten zwei Nächte beherbergt, ist herrlich grün, zahlreiche Vögel streiten sich um die reifen Früchte eines Mangobaums. Nanu, wer wohnt da am Fuße des Baumes?
Puh, so zwischen Obstbäumen und Bougainvillea fällt es uns gar nicht so leicht, Ausflüge zu planen. Fühlt sich zu sehr nach Urlaub an. Als unsere Gastgeberin nämlich hört, dass wir gern dem Pantanal, dem größten Binnenland-Feuchtgebiet der Erde, einen Besuch abstatten würden, lässt sie gleich einen befreundeten Tourguide vorbeikommen. "Ich verspreche euch zu 100%, es wird euch gefallen" meint Emerson.
Nagut, er lässt sich den Spaß ordentlich kosten, auch wenn wir noch bisschen was runterhandeln. Wir haben aber echt Bock. Und so sind wir am nächsten Morgen um 6 Uhr früh am Rio Paraguay, um gemeinsam mit Guide Emerson und Bootsführer Paulo unser Boot zu Wasser zu lassen.
Den Wind in den Haaren gleiten wir über den Fluss und schauen nach links und rechts, um einen Blick auf das rumorende Wildleben zu erhaschen. Mit einer Ausdehnung fast halb so groß wie Deutschland ist der Pantanal eine Goldgrube für Biologen und Artenforscher. So gibt es hier zum Beispiel mit ca. 35 Millionen die größte Kaiman-Konzentration auf der Welt.
Da erhaschen wir auch schon ein Prachtexemplar. Im Verlauf des Tages folgen viele weitere. Es ist schon ein bisschen witzig, wie Emerson und Paulo beim Anblick weiterer Sprösslinge aus der Unterfamilie der Alligatoren abwinken nach dem Motto "Ach, das ist nur wieder ein Kaiman", während sie in helles Entzücken geraten, wenn wir einen Leguan im Baum hocken sehen. Bei uns verhält es sich genau andersherum. Leguane haben wir gefühlt tausendfach in Mexiko gesehen, während wir Krokodilartige in freier Wildbahn bisher nur ein einziges Mal sahen.
An dieser Stelle wars dann komplett um uns geschehen. Wir erinnern uns, wie uns im Amazonas-Regenwald erzählt wurde, dass man Riesenotter nur extremst selten in abgelegenen Flussarmen zu Gesicht bekomme. Die Gattung ist leider stark vom Aussterben bedroht. Nie hätten wir damit gerechnet, hier im Rio Paraguay plötzlich einer Riesenotterfamilie gegenüberzusitzen! Mit einer Länge von bis zu 2 Metern (inkl. Schwanz) und einem Gewicht von bis zu 70 Kilogramm gelten sie als die größten im Süßwasser lebenden Otter der Welt.
Nach so viel Aufregung tut ein kleiner Uferspaziergang gut. Hier besprechen Emerson und Paulo, ob sie abhauen und uns hier aussetzen.
Glück gehabt. Unser Guide macht sich mit uns auf den Weg. Wir schleichen ins Hinterland.
Wir gucken ins Gebüsch und in die Sümpfe und sehen nur ein Capybara-Skelett. Doch, Moment mal...
.. plötzlich kommt Don Quijote um die Ecke geritten. Wir müssen uns zusammenreißen, um den armen Mann nicht zu sehr anzustarren. Er sieht aber auch tatsächlich aus wie der leibhaftige Romanheld!
Weiter geht die lustge Bootsfahrt. Wir haben mittlerweile auch ganz schön Hunger. "Zufällig" hat Paulo drei Angelruten dabei und wir machen uns auf die Jagd nach frischem Fisch. @Papa, schärf die Hacken, dein Schwiegersohn ist beim nächsten Angelausflug dabei. Er zieht wie ein alter Profi zwei Piranhas aus dem Wasser.
Und auch in mir kommt die alte Begeisterung aus der Kindheit hoch. Wer es noch nicht wusste: Ein paar Jahre lang war ich stolze Angelscheinbesitzerin.
Emerson zerstückelt einen Piranha als Köder für seine Artgenossen. Die Viecher sind nämlich waschechte Kannibalen.
Der Plan besteht eigentlich darin, unsere selbstgefangenen Fische zu grillen. Irgendwie ist dann aber der Besitzer der Behausung am Flussufer, an der wir grillen, nicht zu Hause, und für den Fisch bräuchten wir Emersons Meinung nach Pfannen. Also landet was anderes auf dem Grill... Wir sind ganz schön geschockt ob der Fleischmenge, die da für uns vier fleißig einmariniert und aufgespießt wird.
Immerhin können wir den kleinen Welpen mit den Knochen eine Riesenfreude machen. Wie ihr sehen könnt, haben sie es bitter nötig.
Nun, das sind sicher nicht die vorteilhaftesten Bilder, die man von mir zu sehen bekommt. Aber ich muss euch sagen, dieses gegrillte Hähnchen war vielleicht das sanfteste und leckerste, dass ich je in meinem Leben gegessen habe. Ich esse wirklich nicht oft Fleisch auf der Reise, aber dieses genieße ich - wohl auch des großen Hungers wegen - sehr.
Zum Abschied zirpen uns die hier heimischen Mantelkardinale ein Lied.
Im Abendrot kommt eine Capybara-Familie zum Trinken an den Fluss. Wie eine Großausgabe von Agoutis bzw. Meerschweinchen sehen die Wasserschweine - die größte heute lebende Nagetierart - aus. Was für ein schöner Anblick zum Ende dieses aufregenden Tages. Und wir? Wir schwelgen ganz beglückt in Gedanken, während wir in den Heimathafen von Corumbá einfahren. Dies war einer der schönsten Tage unserer Reise! Darin sind wir uns einig.