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Paracas - Wüstenmeer und Humboldt-Pinguine

von Talja

16. Juli - 19. Juli 2022

Nachtrag von mir: Lima, Peru. Noch nie auf unserer Reise sind uns so viele Menschen in Wanderhosen, mit Quechua-Rucksäcken und Patagonia-Regenjacken begegnet. Im Einkaufszentrum, in dem ich meinen neuen Tagesrucksack erwerbe, tummeln sich so viele Outdoorläden, wie ich noch nie am Stück gesehen habe. Das alles fühlt sich nach Aufbruch an. In Peru gehen die meisten Leute im Hostel früh ins Bett, weil sie Höhen erklimmen, Berge besteigen wollen. Ich bin gespannt.

Eine halbe Stunde vor Abfahrt warten wir auf unseren Bus ins 4 Stunden entfernte Paracas. Kurz vorher erfahren wir, dass der Bus kein Klo hat. Wir sind nicht gerade für unsere ausdauernde Blase bekannt. Also gehe ich noch schnell am Bahnhof und danach Max. Es ist 5 Minuten vor Abfahrtszeit, als die Ticketkontrolleurin mich anmaunzt, ich solle reinkommen, weil der Bus genau jetzt losfährt. Ich meine, dass mein Freund gleich wieder da ist und sie, dass das ihr vollkommen egal sei und wir jetzt sofort losfahren. Zum Teufel mit diesem Bus und der unfreundlichen Frau, denke ich - leider haben wir nur schon unser Gepäck verladen. Also renne ich schreiend Richtung Klo, Max sprintet herbei, noch eine Familie stürzt in den Bus, der schon losrollt, ohne dass sie Zeit hatten sich zu setzen. Unfreundliche Menschen gibt es überall - hoffentlich begegnet uns Paracas freundlicher.

Paracas Stadt

Das tut es. Palmen, weiß getünchte Häuser und deutlich wärmere Temperaturen - wir fühlen uns sofort wie im Urlaub vom Urlaub. Paracas ist eine kleine Küstenstadt, die vor allen wegen der Isla de las Ballestas und der Reserva Nacional bekannt ist.

Stadtstrand

Der Stadtstrand wird den Ansprüchen an einen weichen, feinkörnigen Sand vollkommen gerecht. Es liegen eine Art Algen herum und die Wassertemperatur erlaubt nur Fußkontakt, wir genießen jedoch das Faulenzen und Sonnenbaden in vollen Zügen und gönnen uns Fisch an der Strandpromenade.

Hostelblick

Das Backpackers House ist super. Vor allem die Dachterasse mit Meerblick und gut ausgestatteter Küche.

Lesender Max

Es gibt aber eine Sache, die Max unten im Erdgeschoss gefangen hält...
Der Südamerika-Reiseführer ist nicht ausleihbar, eine Art Hostel-Präsenzexemplar .

Bootsfahrt zur Isla Blanca

Am Tag 2 machen wir und die halbe Hostelbelegschaft uns auf den Weg zum Hafen, um der berühmt-berüchtigten Isla de las Ballestas mit ihrer zahlreichen Flora und Fauna einen Besuch abzustatten. Die Isla wird auch als die Galapagosinsel für Arme bezeichnet. Aufgrund zu starker Winde ist die Insel aber heute genauso wie die letzten Tage leider nicht mit dem Boot ansteuerbar.
Warum sitzen wir scheinbar dennoch auf einem Boot?

Bootsfahrt II

Weil die Isla de las Ballestas scheinbar nicht die einzige Insel vor der Küste Paracas ist, auf der es was zu sehen gibt. Die Isla Blanca sei laut dem Hafenlotsen etwas kleiner, aber mit der genau gleichen Fauna gesegnet. Für umgerechnet 8€ haben wir nicht viel zu verlieren und gehen an Bord. Und an was für ein Bord! Gegenüber unserem Speedboot an der Karibikküste Kolumbiens ist der Flitzer hier ein richtiges Luxusboot! Die Freude der Passagiere ist unübersehbar.

Peruanischer Booby

Und siehe da eröffnet sich uns ein herrlicher Anblick nach dem nächsten. Tiere im Zoo oder Wildpark anzusehen macht Spaß (bei ordentlicher Haltung zumindest), sie in freier Wildbahn zu erleben, ist etwas ganz anderes. Ich bin außer mir vor Glück! Hier eine Schar peruanischer Boobys.

Pelikane

Und hier kommen also die Pelikane her, die immer wieder am Strand nach was Essbarem vorbeischauen. Zwischen deren Schnabel würde ich als Fisch ungern landen.

Humboldtpinguine

Das gibts ja gar nicht! Uns wurden keine leeren Versprechen gemacht und es leben hier tatsächlich Humbold-Pinguine! Beim Umrunden der Insel sehen wir dreimal welche. Da die Inseln unter Naturschutz stehen, darf man sie nämlich nicht begehen, sondern nur umschiffen. Wie ich später nachlese, leben die Humboldt-Pinguine an den Pazifikküsten Perus und Nordchiles und auf den dort vorgelagerten Inseln. Die Art wird als bedroht eingestuft und steht deshalb unter gesetzlichem Schutz.

Seelöwe

Als wir von der Insel abfahren, mindern wir unser Tempo. Wir suchen nämlich etwas, beziehungsweise jemanden...
Da ist er! Ein Seelöwe, der auf einer Boje in der Sonne brutzelt.

Interview

Zurück in der Stadt, werden wir von 2 einheimischen Mädels angesprochen. Ob wir denn kurz Zeit für ein Interview hätten? So beschäftigt sind wir offensichtlich auf der Parkbank sitzend nicht, also los.
Es stellt sich heraus, dass die Beiden in der Tourismusbranche studieren und mit Hilfe einfacher Fragen Englisch üben sollen. Nach dem ersten Übungsdurchgang verstehen wir auch warum. Die Englischkenntnisse sind praktisch nicht vorhanden. Also beantworten wir insgesamt 5 Mal Fragen nach unserem Wohlbefinden, wie es uns in Peru gefällt, welches peruanische Essen wir am liebsten mögen und solche Sachen.
Hier seht ihr Max, wie er lebhaft seine Aussage gestisch unterstreicht.

Sonnenuntergang

Am Strand beobachten wir einen wunderschönen Sonnenuntergang.
Nur eine Sache ist im Weg - ein Hüpf-Rutsch-Kletter-Wasserspielplatz für kleine und große Abenteurer. Ganz eventuell ziehen wir einen Besuch auch in Erwägung, aber 12€ für 45 min. Spaß sind nach unserem lateinamerikanischen Kostendenken ein bisschen zu viel verlangt.

Reserva nacional

Am Tag 3 leihen wir bei Max' Namensvetter Max Fahrräder aus und beginnen unsere Rundtour durch die Reserva Nacional, das Wüstennationalreservat südlich von Paracas. Vor unserer Einreise nach Peru haben wir uns ehrlich gesagt nicht wirklich über das Land informiert. Wir erwarteten Berge und Amazonas-Regenwald, von der ausgedehnten Wüste an der Pazifikküste sind wir aber ehrlich erstaunt. So auch hier. Mit dem Fahhrad durch die endlose Wüstenlandschaft zu düsen fühlt sich so unwirklich an, als wären wir in den Film Dune hineinprojiziert worden.

Flamingos

Gleich am Anfang sehen wir mehrere Flamingogruppen in einer Bucht stehen. Ich flippe vor Freude aus und stapfe so nah wie möglich durch den leicht einsinkenden Sand heran.

Fahrrad Talja

Unsere Fahrräder fahren sich ziemlich gut. Da hat Max aus dem Verleih, der auch Mechaniker ist, nicht zu viel versprochen. Bei Alan und Cody, die wir auf der Tour kennenlernen, als sie gerade versuchen, Alans Kette wieder da einzuspannen, wo sie hingehört, sieht das Ganze anders aus. Ihnen wurde für größeres Geld höherer Komfort versprochen, doch das war scheinbar eine Lüge.

Alan und Cody

Ab jetzt sind wir zu viert unterwegs und fahren die Aussichtspunkte entlang der Küste ab. Eigentlich heißen Alan und Cody gar nicht so. Sie kommen aus China und tragen Namen, die für uns etwas schwer auszusprechen sind. Da die Beiden aber in den USA studieren, haben sie sich amerikanische Rufnamen zugelegt. Praktisch und für uns doch irgendwie befremdlich. Die beiden Jungs sind super und wir löchern sie mit Fragen über ihr Leben in Shanghai und das Studieren in den USA.
Die Beiden sind scheinbar auch auf ihrer einmonatigen Semesterferienreise mit etwas anderem Budget - oder sagen wir Schwerpunkt - unterwegs als wir. Sie haben in Lima fröhlich Sternerestaurants durchprobiert und für das teuerste 1000 Soles, das heißt 125€ pro Person, ausgegeben. Hat sich aber total gelohnt, meint Alan. In der Art wie er über das Essen spricht, merkt man, was für ein Liebhaber gastronomischer Spitzfindigkeiten er ist.

Playa Supay

Wir erkunden Playa Supay.

La Catédral

Wir strampeln zu La Catédral, einer kathedralenähnlichen Felsenformation im Wasser.

Playa Roja

Auf dem Weg zur Playa Roja stürzt Alan leider unglücklich bei einem Ausweichmanöver mit einem entgegenkommenden Auto. Er verletzt sich zum Glück nicht ernsthaft, ein Weiterfahren mit schmerzenden aufgeschürften Knien und Armen macht dennoch keinen Spaß. Also lässt er sich und sein Rad von einem Kleintouribus mitnehmen und wir radeln zu dritt weiter.

Wüstenlandschaft

Was für ein Glück, dass wir rückzu größtenteils bergab rollen können, wo wir schon einige Kilometer in den Knochen haben. Wir machen noch Halt in einem Fischrestaurant und lassen uns Ceviche sowie Chicharron de Pescado, eine Art Fischkibbelchen schmecken. Wer keinen Fisch mag, müsste sich hier mit Reis, Yuca (einem kartoffelähnlichen Wurzelgemüse, auch unter Maniok bekannt) und einem Mü Salat durchschlagen.

Zwei glückliche Radfahrer

Vierzig Kilometer später sind wir wieder in Paracas angelangt. Kaputt, aber glücklich über den ereignisreichen Tag.